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das Eier-Geschäft

Etwa 200 Bioeier verkaufte ich wöchentlich am Markt am Milchbuck und im Hofladen. Ich kaufte sie bei einem Biobauern aus der Nachbarschaft zu. Ein schöner Betrieb, gewissenhaft geführt. Es sind Legehybriden aus einer dem System entsprechend, vorbildlichen Haltung. Das Ei war mir in letzter Zeit ein Dorn im Auge und so habe ich mir in der Winterpause Gedanken dazu gemacht und habe meine Erfahrungen zusammengetragen. Somit habe ich entschieden, bis eine entsprechende Lösung gefunden ist, keine Eier mehr zu verkaufen. Im folgenden Artikel begründe ich meine Entscheidung.

Während dem letzten Jahr habe ich versuchsweise eine Gruppe Hühner auf dem Bolebuck gehalten und habe somit meine Vorstellung von artgerechter Tierhaltung umgesetzt und mein Befinden dabei genau beobachtet. Schon früher habe ich Hühner gehalten, weil ich ihre Gesellschaft mag und mich das Beobachten ihres sozialen Verhaltens fasziniert. Als ich Agronomie mit Vertiefung Nutztierwissenschaften studierte, haben mich besonders die Monogastrier (Schweine und Hühner) interessiert, weil sie direkte Nahrungskonkurrenz zur menschlichen Ernährung sind und unser Landschaftsbild nicht pflegen, sondern durch emissionsreiche Grossbauten eher verunstalten. Immer hoffte ich auf Lösungen oder selber eine zu haben. Ist doch das Huhn auch Abfallverwerter, seit Jahrtausend domestiziert und das Ei anscheinend massgeblich an unserer Entwicklung beteiligt. Zudem besteht am Markt eine grosse Nachfrage nach Eiern aus sinnvoller Haltung. Wie kann man diesen Spagat nur machen?

Bio-Ei vom Bolebuck

Unter artgerechter Haltung verstehe ich eine soziale Struktur, wie sie natürlicherweise gelebt wird, entsprechendes Futter, abwechslungsreiche Umgebung, Schutz vor dem Wetter und Feinden und der achtsame Umgang von Seiten der Menschen.
Grosse Freude empfand ich beim Brüten und der Aufzucht meiner zukünftigen Herde bestehend aus verschiedenen Zweinutzungsrassen, letzten Sommer. Weil ich verschiedene Rassen im selben Gelege brütete, war ich erstaunt, dass dieselben Rassen schon vom ersten Tag zusammen waren. Ob sie ein Selbstbewusstsein haben, weiss ich nicht. Als ich das Geschlecht der Tiere erkennen konnte, stellte ich fest, dass sich tatsächlich in den Rassen Paare gebildet haben. Dass ich die Hähne töten werde, war mir schon beim Einlegen der Eier in den Brutkasten klar, der Stärkste wird der Herdenchef, so war meine "Abmachung". Das Schlachten der männlichen Tiere bei Geschlechtsreife forderte einen tiefgründigen Prozess meinerseits. Obschon ich das schon oft getan habe, werde ich meinen Handlungen immer mehr bewusst und das verändert die Situation ständig. Weil ich unter freiem Himmel geschlachtet habe, konnte ich das Fleisch nicht verkaufen und weil ich zurzeit selber kein Fleisch essen mag, hatte ich oft fleischessenden Besuch. Jetzt legen die Hühner viele, wunderschöne Eier, scheinen gesund und zufrieden.
Selber esse ich zurzeit kaum Eier. Ich empfinde eine sehr grosse Wertschätzung dafür aber stelle fest, dass mein Körper keinen Bedarf hat.

Bio-Ei aus dem gängigen System

Es handelt sich um Legehybriden, die aus einer patentieren Zuchtlinie stammen. Weltweit gibt es ein paar wenige Zuchtfirmen, die Linienzucht betreiben und die Rassen in die ganze Welt verkaufen. Ein Zusammenspiel verschiedenen spezialisierten Betrieben ist notwendig um den grandiosen Bedarf an Bio-Eiern zu decken.
Es wird zwischen Legebetrieben, welche Konsumeier herstellen und Brutbetrieben, welche Bruteier für Aufzuchtbetriebe herstellen, unterschieden.
F1 oder Hybridzucht findet nicht nur bei Hühnern sondern besonders auch bei Pflanzen statt. Dabei ist der Heterosiseffekt, welcher dank der Kreuzung von zwei unterschiedlichen Zuchtlinien entsteht, interessant. Im Kreuzungs-Produkt zeigen sich viele nützliche und ertragsrelevante Ausprägungen. In der Natur treten Kreuzungen häufig auf. Das Problem an definierten F1 ist die Patentierung. In meinen Augen, führt das Patent auf lebendige Organismen zu einem Verlust an genetischer Vielfalt und gesunder, lebendiger Nahrung.

Die männlichen Legehennen-Tagküken werden weltweit vergast und kompostiert. Weil ihre Aufzucht zu Futterintensiv ist und somit nicht rentabel.

Das Futter ist sehr proteinreich und enthält darum Soja aus aller Welt. Als Monogastrier steht das Huhn, wie auch das Schwein in direkter Futterkonkurrenz zum Menschen. Wir beziehen grosse Mengen phosphorhaltige (proteinhaltige) Futtermittel und sorgen somit zu einer Verschiebung des Phosphorvorkommens, welches endlich ist. Wie wurde das Futter hergestellt, wie sind die Verhältnisse am Produktionsort und wurden die Menschen entsprechend entschädigt? Ich weiss das alles nicht. Was ich weiss ist, dass mit Rohstoffhandel viel Geld verdient wird.

Die meisten Legehennen werden in der Biogasanlage entsorgt. Eine Verwertung mit Direktvermarktung wird schon vielerorts praktiziert. Die Schlachtung und der Absatz sind aufwändiger als systemisch zu funktionieren.

Fazit

Mit dieser Ausführung hoffe ich, mein Wissensstand verständlich beschrieben zu haben.
Abschliessend kann ich sagen, dass ich Eier aus dem herkömmlichen Produktionssystem nicht mehr handeln will, weil ich das Patent auf lebendige Organismen nicht unterstütze, weil ich mir in Bezug auf die Futterherkunft unsicher bin, ob es fair-für-alle ist und weil mit dem System die verfrühte Tötung der männlichen Küken und die Vergeudung des Hühnerfleisches lebt.

Die Eierproduktion auf dem Bolebuck möchte ich nicht ausbauen. 2 Hektaren Fläche müsste ich für die Futterproduktion aufwänden und die Gemüseproduktion scheint mir sinnvoller und interessanter. Zudem müsste ich einen Verarbeitungsraum für die Schlachtung der Hähne erstellen und das Schlachten ist eine Tätigkeit, die ich nicht gerne ausführe.
Falls jemand das Interesse hat, diesen Betriebszweig auf dem Bolebuck zu übernehmen und auszubauen und die springenden Punkte entsprechend löst, oder bereits fair-für-alle Eier produziert, dann bin ich und meine Kunden dankbare Abnehmer/innen!

Die kleine Hühnerherde und die zwei Laufenten bleiben natürlich auf dem Bolebuck. Und schon diese Woche sind wir wieder mit einem bunten Sortiment an regionalem Biogemüse und dem Dinkelbrot aus Sauerteig am Freitagsmakt Milchbuck und der Hofladen in Niederweningen ist von 8-20Uhr, wie gewohnt, offen.

Ich freue mich auf Ideen und Anregungen.